Neuropathie bei Krebs: Vorbeugen mit Kälte und Kompression

2022-09-09 12:44:31 By : Ms. Flying Fang

Sie sind Krebspatientin oder Krebspatient, Angehöriger, Freund oder Interessierter und haben Fragen zu Krebs?

Telefonisch täglich von 8 bis 20 Uhr, Anruf kostenlos

Sie sind an der Versorgung von Krebspatienten beteiligt und benötigen unabhängig und neutral recherchierte Fakten zu Krebs?

Telefonisch Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr, Anruf kostenlos

Bitte beachten Sie: Diese Nachricht ist bereits älter als 180 Tage. Unsere News werden NICHT NACHTRÄGLICH AKTUALISIERT.

Werfen Sie doch einen Blick auf unsere aktuellen Nachrichten.

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns am Telefon und per E-Mail.

Neuropathie gilt als gefürchtete Nebenwirkung einiger Chemotherapien. Können Kryotherapie und Kompression einer Schädigung der Nerven vorbeugen? Krebsinformationsdienst.med fasst die aktuelle Datenlage zusammen.

Besonders bei Behandlung mit Taxanen, Platin-Derivaten und Vinca-Alkaloiden treten neuropathische Beschwerden als Nebenwirkung auf. Dosisabhängig sind mehr als die Hälfte der Patienten von belastenden Symptomen betroffen. Beschwerden wie Kribbeln, Missempfindungen und Taubheit – oft verbunden mit Schmerzen – können die Lebensqualität beeinträchtigen. Zudem können sie so stark sein, dass eine Chemotherapie nicht wie geplant durchgeführt werden kann.

Trotz diverser Ansätze zur Vorbeugung und Therapie gibt es nur wenige etablierte Mittel gegen Neurotoxizität. Ärzte und Patienten sind daher sehr interessiert an Studiendaten zu Maßnahmen, die möglicherweise helfen könnten.

Nachdem die Kryotherapie Erfolge im Hinblick auf Nagelveränderungen unter Docetaxel-Therapie gezeigt hatte, wird seit einigen Jahren die Kühlung von Händen und Füßen zur Vorbeugung von Neuropathie untersucht. Dabei werden Kältehandschuhe und -socken während der Chemotherapie-Gabe sowie 15 bis 30 Minuten davor und danach getragen. Um die sehr niedrigen Temperaturen der Handschuhe beziehungsweise Socken über den gesamten Zeitraum zu halten, ist entweder ein Wechsel der Kühlelemente nach etwa der Hälfte der Anwendungszeit oder eine kontinuierliche Kühlung notwendig.

Mechanistisch wird eine Gefäßverengung durch die Kälte angenommen: So gelangt weniger neurotoxische Substanz in Hände und Füße.

Ein weiterer Ansatz, der ebenfalls auf einer Gefäßverengung beruht, ist die Kompression mit Operationshandschuhen: Der Patient trägt dabei vor, während und nach der Chemotherapie zwei Paar sehr eng anliegende Handschuhe übereinander.

Die Daten zur Kryotherapie und Kompression stammen überwiegend aus kleinen, frühen Studien mit Brustkrebs-Patientinnen unter Paclitaxel-Behandlung. Vom Aufbau her sind die Studien sehr unterschiedlich und die Ergebnisse sind widersprüchlich.

Die Studiendaten geben zunächst ermutigende Hinweise, allerdings bleiben die Ergebnisse aussagekräftiger Untersuchungen abzuwarten.

Während die Kryotherapie in einigen Studien als gut verträglich beschrieben wird, berichten andere von Therapieabbrüchen aufgrund von Kälteempfindlichkeiten der Patienten3,9. Darüber hinaus gibt es vereinzelte Berichte von Erfrierungen. Bei der Kompression mit Handschuhen sind Latex-Allergien zu beachten.

Aktuelle S3-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie verschiedener Krebserkrankungen erwähnen weder Kältetherapie noch Kompression zur Vorbeugung einer Neuropathie.

Die S3-Leitlinie "Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen" spricht sich bezüglich Vorbeugung einer Neuropathie für ein regelmäßiges Bewegungstraining der Finger und Zehen aus.

Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO), Kommission Mamma, beurteilt die Kompressionstherapie mit chirurgischen Handschuhen und Kompressionsstrümpfen als Maßnahme mit begrenztem Nutzen, die durchgeführt werden kann (+ Empfehlung). Sie setzt diese damit dem Funktionstraining von Händen und Füßen gleich. Die Kryotherapie wird aufgrund des nicht belegten Nutzens nur im Einzelfall angeraten (+/- Empfehlung).

Leitlinien und systematische Übersichtsarbeiten Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO). Kommission Mamma. Diagnostik und Therapie früher und fortgeschrittener Mammakarzinome. 2020, Vs 1. (PDF)

Leitlinienprogramm Onkologie. S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen. Langversion 1.3. Februar 2020. AWMF-Registernummer: 032/054OL. (PDF)

Weitere Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen 1 Sundar R, Bandla A, Tan SS, Liao LD, Kumarakulasinghe NB, Jeyasekharan AD, Ow SG, Ho J, Tan DS, Lim JS et al. Limb hypothermia for preventing paclitaxel-induced peripheral neuropathy in breast cancer patients: A pilot study. Front Oncol. 2017 Jan 10;6:274. doi: 10.3389/fonc.2016.00274.

2 Hanai A, Ishiguro H, Sozu T, Tsuda M, Yano I, Nakagawa T, Imai S, Hamabe Y, Toi M, Arai H et al. Effects of cryotherapy on objective and subjective symptoms of paclitaxel-induced neuropathy: prospective self-controlled trial. J Natl Cancer Inst. 2018 Feb 1;110(2):141-148. doi: 10.1093/jnci/djx178.

3 Beijers AJM, Bonhof CS, Mols F, Ophorst J, de Vos-Geelen J, Jacobs EMG, van de Poll-Franse LV, Vreugdenhil G. Multicenter randomized controlled trial to evaluate the efficacy and tolerability of frozen gloves for the prevention of chemotherapy-induced peripheral neuropathy. Ann Oncol. 2020 Jan;31(1):131-136. doi: 10.1016/j.annonc.2019.09.006.

4 Ruddy KJ, Le-Rademacher J, Lacouture ME, Wilkinson M, Onitilo AA, Vander Woude AC, Grosse-Perdekamp MT, Dockter T, Tan AD, Beutler A et al. Randomized controlled trial of cryotherapy to prevent paclitaxel-induced peripheral neuropathy (RU221511I); an ACCRU trial. Breast. 2019;48:89-97. doi:10.1016/j.breast.2019.09.011.

5 Tsuyuki S, Senda N, Kanng Y, Yamaguchi A, Yoshibayashi H, Kikawa Y, Katakami N, Kato H, Hashimoto T, Okuno T et al. Evaluation of the effect of compression therapy using surgical gloves on nanoparticle albumin-bound paclitaxel-induced peripheral neuropathy: a phase II multicenter study by the Kamigata Breast Cancer Study Group. Breast Cancer Res Treat. 2016;160(1):61-67. doi: 10.1007/s10549-016-3977-7

6 Tsuyuki S, Yamagami K, Yoshibayashi H, Sugie T, Mizuno Y, Tanaka S, Kato H, Okuno T, Ogura N, Yamashiro H et al. Effectiveness and safety of surgical glove compression therapy as a prophylactic method against nanoparticle albumin-bound-paclitaxel-induced peripheral neuropathy. Breast. 2019;47:22-27. doi:10.1016/j.breast.2019.06.008.

7 Kanbayashi Y, Sakaguchi K, Ishikawa T, Ouchi Y, Nakatsukasa K, Tabuchi Y, Kanehisa F, Hiramatsu M, Takagi R, Yokota I et al. Comparison of the efficacy of cryotherapy and compression therapy for preventing nanoparticle albumin-bound paclitaxel-induced peripheral neuropathy: A prospective self-controlled trial. Breast. 2020 Feb;49:219-224. doi: 10.1016/j.breast.2019.12.011.

8 Bandla A, Tan S, Kumarakulasinghe NB, Huang Y, Ang S, Magarajah G, Hairom Z, Lim JSJ, Wong A, Chan G et al. Safety and tolerability of cryocompression as a method of enhanced limb hypothermia to reduce taxane-induced peripheral neuropathy. Support Care Cancer. 2020 Aug;28(8):3691-3699. doi: 10.1007/s00520-019-05177-2.

9 Griffiths C, Kwon N, Beaumont JL, Paice JA. Cold therapy to prevent paclitaxel-induced peripheral neuropathy. Support Care Cancer 2018 Oct;26(10):3461-3469. doi: 10.1007/s00520-018-4199-9.

Fachdatenbanken UpToDate. Loprinzi CL et al. (2020). Prevention and treatment of chemotherapy-induced peripheral neuropathy.

Sie sind beruflich an der Versorgung von Krebspatienten beteiligt und haben Fragen? Mit dem Angebot krebsinformationsdienst.med unterstützt Sie der Krebsinformationsdienst bei Ihrer Arbeit, mit unabhängigen, aktuellen und qualitätsgesicherten Informationen. krebsinformationsdienst.med steht Ihnen von Montag bis Freitag zur Verfügung:

Sie suchen nach verlässlichen Recherchequellen zu onkologischen Themen? Im Ressourcen-Center finden Sie kommentierte Links zu epidemiologischen Daten, Arzneimittelinformationen, evidenzbasierter Medizin, Risikofaktoren und zur Studiensuche.

Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

Gerne können Sie sich mit unseren kostenlosen Newslettern des krebsinformationsdienst.med für Fachkreise auf dem Laufenden halten.